

Bei dem Multi-Level-Marketing oder auch Netzwerk-Marketing handelt es sich um eine spezielle Form des Direktvertriebs. Das System baut dabei neben dem Verkauf von Produkten auf den Gewinn von Kunden als weitere Vertriebspartner auf. Diese arbeiten in der Regel selbstständig und werben in der Folge weitere Vertriebspartner an, die wiederum ebenfalls geschäftlich aktiv werden. Dieses Prinzip beruht daher neben dem direkten Verkauf von Produkten insbesondere auch auf dem Erhalt von den Provisionen durch den Gewinn von neuen Vertriebspartnern.
Struktur
Durch den ständigen Zuwachs an neuen Vertriebspartnern kann die Struktur des Netzwerk-Marketings auf den ersten Blick zunächst undurchsichtig erscheinen.
Organisation
Die übliche Struktur des Netzwerk-Marketings lässt sich dabei visuell am besten als eine Art Pyramide darstellen. Demnach werden die Vertriebsebenen nach unten hin immer breiter, während die Initiatoren des Netzwerks auf der obersten Ebene praktisch alleine stehen. Das System zeichnet sich dabei prinzipiell durch besonders flache Hierachien aus, da typischerweise keine direkte Weisungsbefugnisse durch höhere Ebenen bestehen. Vielmehr werden die Vertriebspartner innerhalb der Strukturn weitgehend selbstständig tätig.
Vergütung
Innerhalb der Struktur besteht in der Regel ein Vergütungsplan, der die Bezahlung der einzelnen Hierachien regelt. Die Vertriebspartner erhalten daher einen gewissen prozentualen Anteil an der Gesamtprovision. Während dieser Anteil auf der obersten Ebene regelmäßig vergleichsweise hoch ausfällt, nimmt er mit der Breite der Hierachiebenen typischerweise deutlich ab. Hat ein Vertriebspartner einen neuen Kunden als weiteren Vertreter angeworben, erhält er in der Folge eine weitere Provision auf die Umsätze des neuen Vertriebspartners.
Aufstieg
Auch ein Aufstieg innerhalb der Struktur ist prinzipiell möglich. Voraussetzung dafür ist jedoch das Erreichen bestimmter Umsatzziele. Mögliche Parameter können dabei Wochen-, Monats- oder Jahresumsätze sein.
Abgrenzung
Das Multi-Level-Marketing ist insbesondere abzugrenzen vom Empfehlungsmarketing. Bei diesem handelt es sich um sogenanntes virales Marketing, da die Maßnahmen letztlich nicht aktiv beeinflusst oder gelenkt werden können. Sowohl Netzwerk-Marketing als auch Empfehlungsmarketing zielen dabei zwar auf eine positive Meinungsbildung über das Unternehmen ab. Die Maßnahmen sind aber letztlich doch verschieden.
Beteiligte Unternehmen
Zahlreiche Unternehmen haben sich inzwischen auf Multi-Level-Marketing spezialisiert. Bekanntestes Beispiel aus Deutschland ist sicherlich das Familienunternehmen Vorwerk & Co. KG. Dieses wurde bereits im Jahr 1883 gegründet und erzielt inzwischen Umsätze in Höhe von etwa drei Billionen Dollar jährlich. Vergleichen mit amerikanischen auf Netzwerk-Marketing spezialisierten Unternehmen ist die Vorwerk & Co. KG jedoch noch als verhältnismäßig kleines Unternehmen zu betrachten.
Markführer sind demnach die Unternehmen Avon Products Inc. und Amway, die einen jährlichen Umsatz von 11,3 beziehungsweise 10,9 Billionen Dollar erzielen. Hierbei werden bis zu drei Millionen Vertriebspartner für die Netzwerk-Unternehmen tätig. Letztlich handelt es sich also um weit verzweigte Strukturen, die zunächst sehr undurchsichtig erscheinen. Die Zahlen belegen aber gleichzeitig auch das enorme wirtschaftliche Potential von Multi-Level-Marketing innerhalb der Werbebranche.
Im kleineren Rahmen ist das Netzwerk-Marketing traditionell auch als beliebte Vertriebsform in der Finanzbranche anzutreffen. In Deutschland bekannt ist dabei die Deutsche Vermögensberatung AG mit Sitz in Frankfurt am Main. Verkauft werden hierbei neben Produkten aus der Finanzwelt insbesondere auch Versicherungen jeglicher Art.
Risiken
Multi-Level-Marketing ähnelt in gewisser Hinsicht auch den bereits aus den Medien bekannten illegalen Schneeballsystemen. Bei diesen erhalten die angeworbenen Kunden kein richtiges Produkt oder keine richtige Lizenz für den Weiterverkauf, sondern sind primär nur auf den Gewinn weiterer Vertriebspartner angewiesen. Dieses höchst instabile System bricht in der Regel innerhalb kurzer Zeit zusammen und ist zudem in den meisten Staaten wie auch Deutschland gesetzlich verboten. Bei der Abgrenzung von Netzwerk-Marketing und derartigen Schneeballsystemen kommt es daher auf den Schwerpunkt der geschäftlichen Tätigkeit an. Liegt dieser ausschließlich in den Gewinn neuer Vertriebspartner, ist mit großer Wahrscheinlichkeit von dem Vorliegen eines illegalen Schneeballsystems auszugehen.
Kritik am Multi Level Marketing
Gleichzeitig steht das Multi-Level-Marketing jedoch auch immer wieder in der Kritik von Kunden und Verbraucherschützern.
Undurchsichtige Strukturen
Neben der in der Praxis teilweise schwierigen Abgrenzung von erlaubtem Netzwerk-Marketing und illegalen Schneeballsystemen führt auch häufig die Aggressivität der legalen Werbemaßnahmen zu erheblicher Kritik. Durch die Weitergabe der Verantwortung für die Werbemaßnahmen von der obersten Ebene auf die unteren Vertriebspartner sehen sich die Initiatoren des jeweiligen Netzwerk-Marketings in der Regel nicht für diese Werbemaßnahmen verantwortlich. Gleichzeitig darf jedoch auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Initiatoren letztlich grundsätzlich den höchsten Gewinn aus dem Vertrieb der Produkte erzielen. Es spielt daher für sie in der Regel keine Rolle, wie der Verkauf im konkreten Fall zustande gekommen ist.
Mangelnde fachliche Kompetenz
Weiterhin wird oft die mangelnde fachliche Kompetenz der Vertriebspartner kritisiert. Diese benötigen in der Regel neben der notwendigen Investition keinerlei Erfahrung im Vertrieb von Produkten. Auch ist regelmäßig keinerlei tiefergehendes Wissen über die beworbenen Produkte erforderlich. In der Folge fühlen sich manche Kunden lediglich unzureichend durch die Vertriebspartner beraten und treffen daher unter Umständen die falschen Kaufentscheidungen.
Vertrauensmissbrauch
Die mangelnde fachliche Kompetenz kann zudem auch mit einem Vertrauensmissbrauch der Kunden einhergehen. Da weder Prüfungen noch staatliche Kontrollen für die Tätigkeit als Vertriebspartner notwendig sind, können auch Menschen mit kriminellen Energien an diesem System teilnehmen. In der Vergangenheit wurden dabei immer wieder Fälle von Betrug oder unlauteren Geschäftspraktiken bekannt. Letztlich wird durch solche Aktivitäten auch das Multi-Level-Marketing insgesamt in Verruf gebracht.
Rechtslage
Bei der Durchführung von Multi-Level-Marketing sind die grundsätzlichen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. Besonderheiten hinsichtlich des Widerrufsrechts können dabei insbesondere bei dem Verkauf von Waren an Haustüren im Rahmen sogenannter “Haustürgeschäfte” entstehen.
Werden die Vertriebspartner zudem nur nach außen hin selbstständig tätig und gehen in Wahrheit einer Tätigkeit nach, die überlicherweise der eines Arbeitnehmers entspricht, kann unter Umständen eine Scheinselbstständigkeit vorliegen. Da bei Selbstständigen keine Pflicht zur Einzahlung von Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung besteht, hat der Staat eine derartige Scheinselbstständigkeit inzwischen gesetzlich untersagt. Um entsprechenden rechtlichen Konsequenzen zu entgehen, sollten Vertriebspartner daher nach Aufnahme ihrer Tätigkeit einen Antrag bei den zuständigen staatlichen Stellen auf Feststellung der Art ihrer Beschäftigung stellen.
Weiterhin haben sich die beteiligten Akteure an die geltende Rechtslage in Bezug auf die Zulässigkeit bestimmter Werbemaßnahmen zu halten. Bei Missachtung bestimmter Informationspflichten oder gesetzlicher Regelungen zum Kundenschutz droht der Erhalt entsprechender wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen, die auch in rechtlichen Verurteilungen enden können.
Fazit
Das Multi-Level-Marketing bietet durchaus Möglichkeiten, aktiv und mit überschaubaren Voraussetzungen Geld zu verdienen. Dennoch sollte die Organisationsstruktur eines solchen Unternehmens im Vorfeld genau geprüft werden. Oftmals sind die wirklich hohen Einnahmen dabei lediglich auf den oberen Hierachiestufen erreichbar. Letztlich hängt der Erfolg bei der Teilnahme an einer solchen Form des Marketings auch vom eigenen Talent als Verkäufer und Netzwerker ab.
Gleichzeitig bietet Multi-Level-Marketing auch für Unternehmen eine interessante Möglichkeit, die eigenen Produkte mit überschaubaren Einsatz eigener Ressourcen auf den Markt zu bringen. Um die Seriörität des Marketings aufrecht zu erhalten, bedarf es dennoch einer gewissen Kontrolle der Vertriebspartner. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die strafrechtlichen Konsequenzen der Erreichtung eines rechtlich unzulässigen Schneeballsystems.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Sehr guter Artikel, und sehr gut beschrieben. Hier wurde alles gesagt.
Liebe Grüße
Karin
Ein sehr schöner und ausführlicher Beitrag. Beschäftige mich seit Tagen mit dieser Thematik, habe jedoch nie Stellungnahme zur Richtlinien gefunden. Vielen Dank!