In diese Artikel erfährst du wie du als Arbeitgeber die nebenberufliche Selbstständigkeit nutzen kannst. Seit längerem ist unsere Arbeitswelt im Wandel. Auch wenn viele Arbeitgeber diese Tatsache längst erkannt haben, mag das Tempo überraschen, in der diese Veränderung geschieht. Organisationen sind immer höherem Druck ausgesetzt. Die Digitalisierung ist zwar ein großer Segen, aber auch mit einer gehörigen Portion Anstrengung verbunden. Firmen müssen immer flexibler werden, um den Anschluss nicht zu verpassen. Da diese Veränderungen von den Mitarbeiter getragen werden müssen, sind eine gewisse Kompetenz und die Bereitschaft, sich neu zu erfinden, nötig.
Viele Unternehmen tun sich inzwischen schwer, junge High Potentials anzuwerben. Klassische Incentives wie eine Lohnerhöhung, ein Firmenwagen oder attraktive Tantieme verlieren an Attraktivität. Die Generation Y hat erkannt, dass es noch ein Leben außerhalb der beruflichen Karriere gibt. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, an sechs Tagen die Woche bis 22 Uhr abends zu arbeiten. Immer öfter hinterfragen junge Menschen ihre eigenen Entscheidungen und die Situationen, in denen sie sich befinden. Gewohnheiten und Werte, die früher an erster Stelle standen, verlieren zunehmend an Bedeutung. Was können Arbeitgeber tun, wenn ein hohes Gehalt und ein Dienstwagen nicht mehr attraktiv genug erscheinen?
Zwei Wünsche die dich als Arbeitgeber interessieren sollten
Zwei Dinge werden immer größer: Zum einen der Wunsch nach Persönlichkeitsentfaltung und zum anderen die Lust, etwas eigenes aufzuziehen. Laut KFW-Gründermonitor 2016 planen schon jetzt 5,4 Prozent aller Erwerbsfähigen, sich demnächst selbstständig zu machen. Dabei bevorzugen 3,1 Prozent die nebenberufliche Selbstständigkeit und 2,3 Prozent entscheiden sich für den kompletten Sprung ins kalte Wasser. Wie viele Menschen darüber hinaus von einer Selbstständigkeit träumen, kann nur vermutet werden. Es ist nicht verwunderlich, dass die nebenberufliche Selbstständigkeit so beliebt ist. Da der Hauptjob meist die einzige Einkommensquelle darstellt, sind die Risiken entsprechend hoch, wenn dieser gänzlich aufgegeben wird. Mit der Entscheidung zur nebenberuflichen Selbstständigkeit lässt sich das Beste aus zwei Welten miteinander vereinen.
Auf der einen Seite baust du dir dein eigenes Unternehmen auf und sammelst wertvolle Erfahrungen. Auf der anderen Seite hast du eine gesicherte Einkommensquelle. Aus meiner Sicht ist diese Gründungsform für achtzig Prozent der Gründer der beste Weg. Wer sich dem Unternehmen in Vollzeit widmen will, sollte schon mal gegründet haben oder jemanden an Bord haben, der dieses Know How mitbringt. Zudem ist ein ausreichendes Kapitalpolster nötig. Du solltest so viel Ersparnisse haben, dass du auch ohne Erträge längere Zeit überleben kannst. Und dies im Idealfall, ohne am Monatsende in einen leeren Kühlschrank blicken zu müssen. Du solltest auch über ein gewisses Durchhaltevermögen verfügen, da du nicht erwarten kannst, dass dir das neue Produkt aus der Hand gerissen wird. In der Regel musst du das Geschäftsmodell mehrmals radikal verändern, bis es sich etabliert. Es erfordert viel Energie und hohe Kapazitäten, um diesen anstrengenden Zeitraum zu überleben und zu organisieren.
Wie Arbeitgeber von der nebenberuflichen Selbstständigkeit profitieren
Bisher motivieren sehr wenige Arbeitgeber ihre Angestellten dazu, aktiv eine nebenberufliche Selbstständigkeit aufzunehmen. Aus meiner Sicht ist dies ein großer Fehler, da wertvolles Potential verloren geht. Die nebenberufliche Selbstständigkeit ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, um Angestellte zu motivieren und auszubilden.
Warum Selbstständigkeit die beste Ausbildung ist
Es gibt aus meiner Sicht keine bessere Möglichkeit, um schnelles und persönliches Wachstum zu erreichen. Durch die Gründung eines Unternehmens erlangst du mit der Zeit wertvolle Eigenschaften. Dazu gehören unternehmerisches Handeln und die Fähigkeit, sich Ziele zu setzen und diese konsequent zu verfolgen. Wenn das Unternehmen nicht funktioniert, ist niemand da, auf den du als Gründer die Verantwortung schieben kann. Es bleibt dir also nichts anderes übrig, als zu lernen, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Keiner weiß am Anfang einer Gründung, wie sich das Unternehmen entwickeln wird. Trotz dieser Ungewissheit ist es wichtig, dass du dir eine gewisse Ambiguität aufbaust. Das bedeutet, dass du die Höhen und Tiefen der Selbstständigkeit gelassen hin nimmst und trotz aller Widrigkeiten kontinuierlich gute Leistung ablieferst. Um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, sind schnelle Veränderungen und konsequente Entscheidungen notwendig. Aus meiner Sicht werden durch eine unternehmerische Tätigkeit viele Eigenschaften gebildet, von denen auch Arbeitgeber profitieren:
- Unternehmerisches Handeln
- Selbstbewusstsein
- Belastbarkeit
- Flexibilität
- Entscheidungsfähigkeit
Jetzt kommt das Beste: Als Unternehmen muss der Arbeitnehmer nicht zwei Jahre auf einen teueren Lehrgang geschickt oder für mehrere tausend Euro gecoacht werden. Wenn sich ein Arbeitnehmer nebenberuflich selbstständig macht, profitiert der Arbeitgeber sofort davon.
Selbstständigkeit als Incentive
Viele Menschen haben das Bedürfnis, die eigenen Träume zu verwirklichen oder zumindest etwas zu haben, was sie nach ihren eigenen Vorstellungen aufbauen können.
„Laut aktuellem Engagement-Index beabsichtigen 84 Prozent der hoch gebundenen, aber nur 31 Prozent der nicht gebundenen Mitarbeiter, in drei Jahren noch bei ihrer jetzigen Firma zu sein – jeder Dritte von ihnen ist bereits heute aktiv auf Jobsuche.“
Quelle: Gallup Pressemitteilung Engagement Index 2016
Oftmals sind Menschen, die nach beruflicher Erfüllung streben, in Führungspositionen tätig. Es kann große finanzielle Folgen für das Unternehmen haben, wenn diesen der Wunsch nach einer nebenberuflichen Selbstständigkeit verwehrt wird. Wenn Fachkräfte Schlüsselpositionen verlassen, gehen wertvolles Know How und gute Kontakte verloren. Im schlimmsten Fall bleibt die Stelle sogar eine Zeit lang vakant. Als Arbeitgeber ist es wichtig, rechtzeitig einen Ausgleich zu schaffen, bei dem das Bedürfnis des Arbeitnehmers nach Selbstverwirklichung befriedigt wird.
„Viele Firmen unternehmen zwar große Anstrengungen, um Mitarbeiter zu halten und zu binden, doch sie setzen offenbar nicht an den richtigen Hebeln an.”
„Faktoren wie Arbeitsplatzsicherheit, Entlohnung, Sozialleistungen, flexible Arbeitszeit oder die Zahl der Urlaubstage sind für Mitarbeiter zwar durchaus wichtig, auf deren emotionale Bindung haben sie jedoch kaum Einfluss. So ist beispielsweise „die Möglichkeit, das zu tun, was man richtig gut kann“ fünfmal wichtiger als das Gehalt.“
(Quelle: Gallup Pressemitteilung Engagement Index 2016)
Nicht immer ist diese Möglichkeit in einem Unternehmen gegeben. Genau hier kann es äußerst wertvoll sein, wenn der Arbeitgeber die nebenberufliche Selbstständigkeit nicht nur erlaubt, sondern aktiv fördert und unterstützt. Dadurch wird ein wertvoller Ausgleich geschaffen und die Bindung an die Firma kann durch dieses Joint Venture immens steigen. Dem Angestellten ist durchaus bewusst, dass er bei einem Wechsel des Arbeitgebers ein Risiko eingeht. Smarte Arbeitgeber haben jetzt die Chance, mit der aktiven Förderung der nebenberuflichen Selbstständigkeit noch vor der Welle zu sein.
Obwohl es eigentlich recht einfach ist, tun sich damit viele Arbeitgeber dennoch schwer. Warum? Die meisten Angestellten erkennen erst durch eine nebenberufliche Selbstständigkeit, welche Vorzüge der sichere Hauptjob bietet. Dabei ist nicht nur die verlässliche Zahlung des Gehalts ein wichtiger Faktor, sondern auch der Fakt, dass sich der Arbeitgeber um viele Dinge kümmert, die ein Unternehmer sonst alleine organisieren muss. Dadurch steigt im Normalfall die Anerkennung und die Wertschätzung für den Arbeitgeber.
Vom Potential der Angestellten profitieren
Aktive Inhouse Gründungen sind das Beste, was einem Unternehmen passieren kann. Der Angestellte würde sich ja sowieso nebenberuflich selbstständig machen. Warum also als Arbeitgeber nicht dafür sorgen, dass sich der Mitarbeiter bei Fragen an ihn wenden kann? Der Arbeitgeber kann die Mitarbeiter mit Ressourcen und Know How unterstützen und im Gegenzug Einfluss auf das Projekt nehmen. Somit kann auch wunderbar die Gefahr umgangen werden, dass einem Angestellten gekündigt werden muss, weil er bei seiner nebenberuflichen Selbstständigkeit in Konkurrenz zum Unternehmen tritt. Unternehmen sollten hier über den Tellerrand schauen. Führungskräfte aus bestehenden Abteilungen können mit Rat und Tat zur Seite stehen und selbst etwas von dem Spirit und der Denke eines Startups abbekommen. Idealerweise können sie sich in ihrer jetzigen Position neu erfinden.
Es weht ein frischer Wind durch die Abteilungen. Ideen und Visionen beseelen die Menschen. Dieses Potential ist ein riesiger Motor, der momentan leider nicht ausreichend genutzt wird. Das Unternehmen wird von der Basis belebt und für den Arbeitgeber entstehen große Chancen, sich zu positionieren. So wie Google den Menschen jeden Tag kostenlos leckeres Essen zur Verfügung stellt und dadurch High Potentials anlockt, so kann es auch mit der Förderung der nebenberuflichen Selbstständigkeit passieren. Wenn ein Arbeitgeber dafür bekannt wird, die Mitarbeiter bei diesem Entschluss zu unterstützen, dürfte Fachkräftemangel ein Fremdwort sein.
Wichtige Infos zur nebenberuflichen Selbstständigkeit
Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nicht verbieten, sich nebenberuflich selbstständig zu machen. In Deutschland herrscht Berufsfreiheit und der Arbeitgeber hat keinen Zugriff auf die Freizeit seiner Mitarbeiter. Das bedeutet, ein Arbeitnehmer kann nach seinem Job jeglicher Tätigkeit nachgehen, sofern sie nicht in Konflikt mit folgenden Punkten steht:
Konkurrenzschutz: Der Arbeitnehmer darf nicht in Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber treten. Bei Fachkräften besteht dieses Problem fast immer, sofern sie ihre berufliche Qualifikation nutzen wollen. Ein Programmierer wird nebenberuflich etwas machen, wo Programmierung eine Rolle spielt. Hier besteht dann leider nur die Möglichkeit, zu kündigen. Das Unternehmen möchte jedoch gerade verhindern, dass qualifizierte Fachkräfte das Unternehmen verlassen. Dies kann verhindert werden, wenn Angestellte mit der Erlaubnis des Arbeitgebers gründen und diese aktiv unterstützen und Anteil daran nehmen. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsteht eine Win-Win-Situation. Der zugehörige Rahmen kann zuvor klar definiert werden.
Volle Einsetzung der Arbeitskraft: Wenn ein Arbeitnehmer häufig übermüdet ist, zu spät kommt und unkonzentriert ist, kann der Arbeitgeber verlangen, dass die Nebentätigkeit stillgelegt wird. Hier wird der Arbeitgeber sich natürlich keine Freunde machen, insbesondere, wenn der Gründer gerade vor einem wichtigen Schritt steht. Ist der Arbeitgeber hingegen beteiligt, stellt er den Arbeitgeber wahrscheinlich sogar für die Zeit frei, in der er einen „Sprint“ machen muss.
Beschädigung des Ansehens des Arbeitgebers: Das Ansehen des Arbeitgebers darf nicht durch einen Tätigkeit „beschmutzt“ werden. Kritisch wäre beispielsweise, wenn sich der Geschäftsführer einer Bank abends leicht bekleidet vor der Webcam räkelt. Eine klare Unterscheidung, was im Rahmen ist und was nicht, ist jedoch oftmals schwer und liegt im individuellen Ermessen.
Um zu prüfen, ob eine der berechtigten Interessen des Arbeitgebers verletzt wird, kann in den Arbeitsvertrag eine Anzeigepflicht eingebaut werden. Dieser muss Folge geleistet werden. Aus meiner Sicht ist es aber immer besser, das Potential einer nebenberuflichen Selbstständigkeit für das eigene Unternehmen zu nutzen und seinen Ruf in Richtung Startups und Offenheit für Innovationen aufzubessern.
Welche Schwierigkeiten auftreten können
Viele Arbeitnehmer haben Angst, dass die Angestellten nach kurzer Zeit das Unternehmen verlassen und sich hauptberuflich selbstständig machen. Nach meinen eigenen Recherchen wechselt aber nur ein kleiner Teil der nebenberuflichen Selbstständigen zu einer hauptberuflichen Selbstständigkeit. Es dauert sehr lange, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Deshalb ist es unrealistisch, dass die Mitarbeiter morgen kündigen. Selbst wenn der Angestellte erfolglos in der nebenberuflichen Selbstständigkeit war und diese beendet, wird er trotzdem dankbar für diese Erfahrung sein.
Wie bekommt man diese neue Kultur in ein Unternehmen integriert? Ziehen alle an einem Strang und stehen hinter dem Leitbild des Unternehmens, das unternehmerisches Denken und Handeln fördert? Dafür gibt es leider keine pauschale Aussage, da jedes Unternehmen seine eigene DNA hat. Es hat aus meiner Sicht viel mit Intuition und Gefühl zu tun. Wenn der Geschäftsführer dabei ein gutes Gefühl hat und glaubt, das könnte das Richtige für das Unternehmen sein, sollte er auf jeden Fall das Experiment wagen.
Wenn die Strukturen zu stark im Alten verharren oder sich womöglich durch das Neue bedroht fühlen, sollte der Geschäftsführer die negativen Konsequenzen einer solchen Regelung genau abwägen. Falls das Projekt umgesetzt und dafür Ressourcen der Firma eingesetzt werden sollen, macht es Sinn, dass die zukünftigen Gründer der nebenberuflichen Tätigkeit an einem anderen Ort nachgehen. Dafür kann ein separates Büro mit der nötigen Infrastruktur angemietet werden.
Fazit
Ich hoffe, ich konnte mit diesem Blogartikel einen ersten Anstoß geben und Neugierde auf das Thema wecken. Die nebenberufliche Selbstständigkeit birgt auch für Arbeitgeber ungeahntes Potential. Da es jedoch komplex ist, macht es Sinn, die Angestellten intensiv darauf vorzubereiten. Falls du mehr über das Thema nebenberufliche Selbstständigkeit erfahren willst, empfehle ich dir meinen Onlinekurs „DigiStart“, mein Buch „Das Feierabendstartup – Risikolos gründen neben dem Job“ oder viele meiner Blogartikel, die sich mit dem Thema beschäftigen.