Von Über- und Untergewicht über Unverträglichkeiten bis hin zu Allergien – Niko Rittenau hat im Bereich Ernährung vieles durchlebt. Deswegen hat er sich auf die Suche nach Antworten gemacht und diese vor allem in der nachhaltigen und veganen Ernährung gefunden.
Heute ist er angehender Bachelor der Ernährungsberatung, ärztlich geprüfter Ernährungsberater für vegane Ernährung und ausgebildeter Gourmet Raw Food Chef. In seinen Vorträgen, Workshops und Supper Clubs motiviert Niko Menschen zu einer gesunden und pflanzenbetonten Ernährung.
Niko, 2013 bist du nach Berlin gezogen, um für dich den besten Kompromiss aus leckerem, gesundem und nachhaltigem Essen zu finden. Inwieweit würdest du heute sagen, dass dir das gelungen ist?
Seit dem ich nach Berlin gezogen bin, konnte ich sehr viel über Ernährung und Gesundheit lernen – sei es im Rahmen meines Bachelorstudiums zum Ernährungsberater, meinen Fortbildungen oder den zahlreichen Büchern, die ich in den Jahren gelesen habe. Zu Beginn kam mit jedem neuen Stück Wissen ein ganzer Berg an neuen Fragen auf, der erst einmal für Unsicherheit sorgte. Aber über die Monate hinweg habe ich immer klarer verstanden, wie gesunde Nahrung aussieht und in unserem Körper funktioniert. Ich bin noch nicht am Ende meines Weges angelangt, aber ich kann heute sehr fundierte ernährungsbezogene Aussagen treffen und Menschen zu einer gesünderen Lebensweise, mehr Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit verhelfen.
Sein Weg
Berlin gilt ja als eine der Startup-Metropolen Europas – inwieweit hat dir der Wohnort auf dem Weg zur Selbstständigkeit geholfen?
Ich habe mir Berlin damals bewusst als meine zukünftige Heimat ausgesucht, weil hier viele wichtige Firmen, Vereine und Entscheidungsträger der nachhaltigen, veganen Bewegung leben und arbeiten. An keinem anderen Ort in Europa hätte es besser klappen können als hier. Von daher würde ich sagen, dass Berlin mir sehr geholfen hat, da ich sehr viele großartige Menschen kennenlernen durfte und hier auch viele wichtige Events stattfinden. Ich weiß nicht, ob Berlin auch für andere Berufszweige so wichtig ist, aber für mich war es die richtige Entscheidung.
In Berlin hast du dein Studium der Ernährungsberatung begonnen, Weiterbildungen absolviert und dich nebenbei auch noch mit Vorträgen und Workshops selbstständig gemacht – wie ist es dir gelungen, all diese Aufgaben unter einen Hut zu bringen?
Dafür musste ich sehr schnell lernen, mich gut zu organisieren und Prioritäten zu setzen. Steve Jobs soll gesagt haben, dass es genau so wichtig ist, zu entscheiden, was man nicht tun soll, wie was man tun soll. Wenn ich auf alle Anfragen, Angebote und Ablenkungen eingehen würde, die sich mir bieten, würde ich niemals die wirklich wichtigen Dinge erledigen, die mich voranbringen.
Trotz deiner Erfolge als Ernährungs-Coach möchtest du dein Studium der Ernährungsberatung fertig machen. Warum ist dir das Studium wichtig?
Ich gebe am 1. November 2016 meine Bachelorarbeit ab und bin kurz danach mit meinem Studium fertig. Ich bin der Meinung, dass es durchaus einige Berufe gibt, wo ein Studium nicht zwingend erforderlich ist, aber wenn es um Medizin, Ernährungswissenschaft und derartige Arbeiten am Menschen geht, finde ich ein fundiertes Studium wichtig. Immerhin geht es um die Gesundheit der Person, mit der ich arbeite!
Ich werde im Anschluss auch meinen Master machen und dann vielleicht noch promovieren. Das mache ich aber nicht, um einen Titel zu bekommen, sondern um zu zeigen, dass ich sehr wohl alle relevanten Fakten über klassische Ernährung gelernt und verstanden habe, und dennoch eine rein pflanzliche Ernährung nach bestem Wissen und Gewissen empfehle. Mein Studium hat mir auch schon einige Türen bei Firmen geöffnet, die mich ohne meinen akademischen Background nicht gebucht hätten.
Nebenberuflich selbstständig
Viele wollen sich nebenberuflich selbständig machen, sind aber zögerlich, wenn es darum geht, die ersten Schritte zu machen. Welche Tipps kannst du diesen Leuten mit auf den Weg geben?
Bevor du auch nur überlegst, ein Gewerbe anzumelden, investiere wirklich intensiv Zeit darin, zu überlegen, was du in der Welt verändern möchtest. Überlege nicht, womit dein Unternehmen Geld verdienen kann, sondern welche Tätigkeit dich jeden Morgen für die kommenden Jahrzehnte motiviert, früh morgens aufzustehen und bis spät abends durchzupowern. Wenn du diese Sache gefunden hast, lohnt es sich, sich darin nebenberuflich auszuprobieren und zu gucken, um man es dann immer noch gut findet. Im zweiten Schritt kann man überlegen, wie man mit seiner Idee auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann.
Von meinem guten Bekannten Michael Kurth aka Curse habe ich außerdem vor einiger Zeit das Konzept der starken Morgenroutine bei einem seiner sehr empfehlenswerten „OOOO+X“ Kurse übernommen und bis dato extrem davon profitiert. Genau das würde ich jedem raten: Gewöhn dir schon vor deiner Selbstständigkeit die nötige Disziplin an, um später auch ohne den Rahmen einer Anstellung am Ball zu bleiben. Steh jeden Tag richtig früh auf (auch wenn du es hasst), mache ein wenig Sport, frühstücke gut und mach schon früh morgens vor dem Beginn deiner Anstellung deine ersten Erledigungen für dein eigenes Business. Wenn du es schaffst, diese Routine vor deinem eigentlichen Job einzubauen, wirst du sie auch später in der Selbstständigkeit umsetzen, wenn dir keiner mehr vorschreibt, wann du wo sein musst.
Was sind deiner Meinung nach die häufigsten Fehler, die von Neugründern gemacht werden?
Auch hier kann ich nur für meinen Berufszweig und artverwandte Gewerbe sprechen. Zum einen machen die meisten Neugründer zu viele Dinge auf einmal und verzetteln sich und werden dadurch unproduktiv. Es ist, als ob du mit beiden Händen gleichzeitig zwei Wörter gleichzeitig schreiben möchtest. Du wirst lange brauchen und dich verschreiben. Leg doch einfach den zweiten Stift aus der Hand und schreib die zwei Wörter konzentriert nacheinander auf. Danke an Thaddaeus Koroma für dieses augenöffnende Bild. (lacht) Zum anderen halten sich viele Neugründer zu lange mit den Dingen auf, die ohnehin schon recht gut sind und wollen sie immer weiter verbessern, anstatt den Fokus auf die Bereiche und Aufgaben zu richten, die noch gar nicht oder nur schlecht funktionieren. Mach zuerst das Gesamtbild gut, bevor du dich in Details verlierst.
Außerdem erlebe ich oft, dass selbständige Unternehmer ihre Kräfte falsch einteilen und ihre eigene Gesundheit vernachlässigen. Wenn man rund um die Uhr arbeitet, keine Zeit und Energie in gesunde Ernährung und Sport steckt und zu wenig schläft, mag man zwar kurzfristig Zeit sparen und produktiver sein, aber mittelfristig wird die eigene Kreativität und Belastbarkeit darunter leiden. Ich finde es großartig, viel, hart und lange zu arbeiten, aber auf Dauer kommt niemand um Bewegung und gesunde Ernährung herum, wenn er auch die nächsten vierzig Jahre lang erfolgreich und fit sein möchte.
Nebenberuflich selbstständig, oder gleich „alle Brücken abbrennen“ und voll in die Selbstständigkeit gehen – was ist deiner Meinung nach der bessere Weg?
Ich finde es gut, erstmal die Sicherheit eines geregelten Jobs zu haben und sich während dieser Zeit die wichtigsten Basics aufzubauen. Diese mögen für jede Branche andere sein, aber in meinem Fall hieß das, eine ansehnliche Webseite zu haben, grundlegende Materialen wie Logo, Flyer, Visitenkarten etc. zu besitzen und die ersten Events und Vorträge zu halten, um zu sehen, wie es läuft. Wenn man merkt, dass man genau den richtigen Weg geht und dabei auch gute Resonanz bekommt, kann man aus meiner Sicht auch mal ins kalte Wasser springen und alles auf eine Karte setzen. Wenn es nicht klappt, geht ja nicht die Welt unter. Man wird daraus viel lernen und sich verbessern.
Auch ich habe meinen Weg immer wieder neu ausgerichtet und auch nicht alles, was ich versucht habe, hat beim ersten Mal sofort funktioniert. Aber so konnte ich all die Erfahrungen sammeln, die mich heute klügere Entscheidungen treffen lassen.
Welche besonderen Herausforderungen gibt es als Selbstständiger in der Ernährungsbranche?
Die größte Herausforderung ist es, den Leuten überhaupt klar zu machen, dass sie deine Arbeit brauchen. Denn Gesundheit ist ein immaterielles Gut, das man nicht greifen kann und solange man sie hat, kümmern sich viele Menschen nicht darum. Das Bewusstsein für Prävention zu schaffen ist keine leichte Aufgabe.
Die Branche der Ernährung, bezogen auf Gesundheit, ist außerdem eine sehr spezielle Branche, weil man mit Ernährung alleine nicht zum Erfolg kommt. Auch hier kann ich zum Glück von meinem interdisziplinären Studium profitieren, das Inhalte der Ernährungswissenschaft mit Sportwissenschaft und Gesundheitspsychologie verbindet. Denn genau diese drei Komponenten führen zum langfristigen Erfolg: Eine Änderung der Denk-, Verhaltens- und Bewegungsmuster in Summe.
Wenn du einen Tipp für angehende (nebenberuflich) Selbstständige hättest, welcher wäre das?
Vertraue auf die richtige Fügung und habe viel Geduld. Das mag vielleicht etwas leicht gesagt klingen, aber das war für mich bis jetzt eines der größten Learnings. Wenn du tust, was du liebst, und viel Zeit und Energie investierst, um bestmöglich darin zu werden, dann kann es nur erfolgreich werden. Wie lange der Erfolg auf sich warten lässt und wie sich dieser manifestiert, mag von Person zu Person unterschiedlich sein, aber er wird kommen. Um nochmals ein Bild zu bemühen: Wenn du nachts auf der Straße von Berlin nach Wien fährst, dann siehst du ja auch immer nur die nächsten paar Meter im Licht der Scheinwerfer. Trotzdem fährst du ja weiter, weil du weißt, dass du nach Wien möchtest und dir sicher bist, dass dieser Weg dich dorthin führt – auch, wenn du den Weg ja eigentlich gar nicht bis zum Ziel siehst. Diese Sicherheit gilt es, auch in unserem Arbeitsleben zu integrieren, um dabei zu bleiben und konsequent weiterzumachen.
Niko, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Guter Artikel, hat mir geholfen.
LG Elias:)