Die Abmahnung ist ein von vielen Selbständigen gefürchtetes Rechtsinstrument. Wir erklären, was eine Abmahnung ausmacht, welche Zwecke mit ihr verfolgt werden, wie man reagieren sollte und wann man selbst abmahnen kann oder sollte.
Die Abmahnung – Fluch und Segen
Der Begriff Abmahnung beschreibt ein rechtliches Instrument für die folgende Situation: Simon hat sich gerade mit einer Webseite selbständig gemacht, über die er Luftballons und Werbeartikel mit lustigen Sprüchen verkauft. Auf seiner Webseite verwendet er eine fehlerhafte AGB. Unternehmerin Uta, die auch Merchandiseartikel vertreibt, entdeckt die Seite von Simon und möchte dagegen vorgehen.
Außerdem hat Simon zur Verschönerung seiner Seite ein fremdes Foto eingebunden, das er irgendwo im Internet kopiert hat. Dieses Foto hat Fotograf Florian gemacht. Auch Florian ärgert sich über Simon.
Uta und Florian möchten ihre Rechte aus dem Wettbewerbs- und Markenrecht geltend machen, wir nennen die beiden deshalb auch Rechteinhaber. Diese Rechte müssen sie aber irgendwie durchsetzen. Gegen Simons Verhalten könnten Uta und Florian jeweils eine Klage bei Gericht einreichen. Eine Klage ist allerdings teuer und bis zur Entscheidung vergeht mindestens ein halbes Jahr, sehr wahrscheinlich sogar ein Jahr. Deshalb entscheiden sie sich, lieber eine Abmahnung zu schicken. Darin weisen sie Simon auf sein fehlerhaftes Verhalten hin und fordert ihn auf, dieses sofort einzustellen. Außerdem möchten sie jeweils die Kosten dieser Abmahnungen erstattet bekommen.
Durch die Abmahnung werden mehrere Ziele verfolgt. Das Hauptziel ist zumeist die Einstellung und Beseitigung des rechtswidrigen Verhaltens. Daneben wollen viele Rechteinhaber den wirtschaftlichen Schaden ersetzt haben, der ihnen durch das rechtswidrige Verhalten entstanden ist, etwa weil ihr Umsatz geschmälert wurde oder ihnen Gewinn entgangen ist. Um den Schaden berechnen zu können, verlangen die Rechteinhaber häufig gewisse Auskünfte, etwa in welcher Stückzahl die rechtsverletzenden Produkte verkauft wurden oder welchen Umsatz der Abgemahnte mit ihnen erzielen konnte. Schließlich sollen die Kosten der Abmahnung (gegnerische Rechtsanwaltskosten) von dem Abgemahnten ersetzt werden.
Welche Rechtsverstöße können abgemahnt werden?
Die Abmahnung hat sich als rechtliches Instrument auf den Gebieten des Wettbewerbsrechts und der gewerblichen Schutzrechte entwickelt. Davon zu unterscheiden ist die arbeitsrechtliche Abmahnung, welche eine gänzlich andere Funktion einnimmt.
Im Wettbewerbsrecht ist es Mitbewerbern und anderen Marktteilnehmern gestattet, ihre Konkurrenten durch eine Abmahnung zu einem rechtskonformen Verhalten zu bewegen. Dadurch entsteht ein System, in dem sich Konkurrenten gegenseitig kontrollieren können. Uta kann als eine direkte Konkurrentin von Simon deshalb gegen Simons Rechtsverstoß vorgehen. Abmahnbare Verhaltensweisen sind etwa die Verwendung einer rechtswidrigen AGB-Klausel, ein fehlerhaftes oder unvollständiges Impressum, eine Rufschädigung gegenüber Mitbewerbern, eine irreführende Werbeaussage, ein Verstoß gegen das Preisangabengesetz oder die Buchpreisbindung sowie eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers. Häufig sind neben den Mitbewerbern auch Verbraucherschutzverbände oder Wirtschaftsverbände zu einer Abmahnung berechtigt.
Eine kennzeichenrechtliche Abmahnung wendet sich etwa gegen die Verwendung einer Marke, eines Logos, einer Domain oder einer Firmenbezeichnung. Der Rechteinhaber stützt die Abmahnung meist auf eine eingetragene Marke oder einen schon seit längerem benutzten Firmennamen. Würde Simon beispielsweise seine Luftballons mit dem Logo von McDonald’s bedrucken, dann würde er dadurch die Markenrechte von McDonald’s verletzen. Für eine Markenverletzung kann es je nach Fallgestaltung schon ausreichen, wenn das verwendete Zeichen einer eingetragenen Marke ähnlich sieht.
Im Urheberrecht richten sich Abmahnungen zumeist gegen die Verwendung eines fremden Fotos für die eigene Webseite oder den eigenen Blog, so wie hier im Verhältnis zwischen Fotograf Florian und Simon. An einer Fotografie können mehrere Rechte unterschiedlicher Personen bestehen. Der Fotograf hat ein Urheberrecht oder verwandtes Schutzrecht, daneben können die abgebildeten Personen ihre Persönlichkeitsrechte geltend machen.
Besonders häufig mahnen Fotografen die Nutzung ihrer Fotografien ab, die sie zuvor unter einer CC-Lizenz zur (fast) freien Verfügung angeboten haben. Gerade bei CC-Lizenzen, die eine kostenfreie Verwendung gewähren, gibt es in der Regel weitere Nutzungsbedingungen und Einschränkungen, etwa indem der Rechteinhaber auf seine Nennung als Urheber besteht. Ein Verstoß gegen diese Bedingung führt zu einer rechtswidrigen und daher abmahnbaren Nutzung. Die Nutzung eines fremden Fotos lässt sich durch die Google-Bildersuche leicht aufdecken, entweder über den Dateinamen oder über die Suche nach ähnlichen Bildern.
Neben dem Fotografen kann auch die abgebildete Person gegen die Fotoverwendung vorgehen. Aus dem Recht am eigenen Bild steht es jedem Menschen zu, unter gewissen Voraussetzungen Abbildungen der eigenen Person zu untersagen. Ist beispielsweise auf dem Foto von Fotograf Florian das junge Model Melanie zu sehen, könnte auch sie gegen Simon vorgehen, weil er ein Foto von ihr möglicherweise in einem Kontext verwendet, mit dem sie nicht einverstanden ist. Eine auf das Persönlichkeitsrecht gestützte Abmahnung kann aber auch gegen ehrverletzende Äußerungen, negative Bewertungen einer Dienstleistung oder gegen unwahre Berichte gerichtet sein.
Darüber hinaus gibt es (seltener) designrechtliche Abmahnungen wegen der Verwendung eines eingetragenen Designs, sei es ein bestimmtes Stoffmuster oder eine geschützte Figur. Patentrechtliche Abmahnungen wenden sich gegen die Verwendung einer geschützten technischen Funktionsweise oder eines technischen Produktes.
Ist die Abmahnung berechtigt? – Worauf man achten sollte…
Unabhängig davon, ob nun Uta wegen der falschen AGB gegen Simon vorgehen möchte oder Florian wegen der Nutzung seiner Fotografie: Eine Abmahnung hat immer denselben Aufbau.
Schritt 1: Das behauptete Recht prüfen
Zu Beginn stellt der Rechteinhaber sich kurz vor und legt dar, auf welches Recht – sei es eine registrierte Marke oder seine Stellung als Mitbewerber – sich die Abmahnung stützt. Begründet der Rechteinhaber seine Rechte mit einer Marke, einem Patent oder einem Design, sollten diese Rechte mit einem kurzen Blick in das Register des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) oder des der entsprechenden europäischen Behörde EUIPO überprüft werden. Dort sind zu allen registrierten Rechten die zugehörigen Inhaber vermerkt.
Schwieriger gestaltet sich die Prüfung der Legitimation bei Wettbewerbsverstößen. Zur Abmahnung aus dem Wettbewerbsrecht sind in erster Linie Mitbewerber berechtigt. Die Mitbewerber-Stellung kann sich aus einer eindeutigen Konkurrenz ergeben, indem etwa der Abmahnende und der Abgemahnte dieselben Produkte in derselben Region anbieten. Es können aber auch kompliziertere Wettbewerbsverhältnisse entstehen, etwa weil die Produkte zwar nicht unmittelbare Konkurrenzprodukte sind, aber einen ähnlichen Markt bedienen. So wurde beispielsweise in einem berühmten Fall höchstrichterlich entschieden, dass ein Kaffeeproduzent und ein Blumengeschäft Wettbewerber sein können. Geschuldet war diese Entscheidung (BGH-Urteil vom 12. Januar 1972, Az. I ZR 60/70 – Statt Blumen Onko-Kaffee) einer Werbung des Kaffeeherstellers, in der vorgeschlagen wurde, beim nächsten Besuch statt Blumen lieber Kaffee als Gastgeschenk mitzubringen. Damit hat sich der Kaffeehersteller selbst in ein Konkurrenzverhältnis zum Blumengeschäft um die Ecke gestellt und wurde deshalb vom Deutschen Blumenverband verklagt. Die Wettbewerbssituation kann sich also auch aus den Umständen der Rechtsverletzung ergeben.
Schritt 2: Den behaupteten Rechtsverstoß bewerten
Nach der Darstellung zu seiner Person und seinen Rechten muss der Abmahnende darlegen, welche Rechtsverstöße im Raum stehen. Ein seriöser Rechtsanwalt oder Verband stellt das Geschehen dar, legt Screenshots oder Fotografien der Rechtsverletzung bei und gibt an, welche Gesetze durch das beschriebene Verhalten verletzt wurden. Die Beurteilung, ob wirklich ein Rechtsverstoß begangen wurde, kann schwierig sein und sollte im Zweifel von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden.
Schritt 3: Was darf der Rechteinhaber fordern?
Schließlich benennt der Abmahnende die Ansprüche, die er geltend machen möchte. Regelmäßig wird zunächst die Unterlassung das wichtigste Anliegen des Rechteinhabers sein. Damit sich das unerwünschte Verhalten in Zukunft nicht wiederholt, wird der Abmahnung in der Regel eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung beigelegt. Sie ist das Herzstück einer Abmahnung. Mit der Erklärung soll sich der Abgemahnte verpflichten, das Verhalten nicht zu wiederholen bzw. für die Zukunft einzustellen. Für den Fall eines Verstoßes gegen das Unterlassungsversprechen wird eine Vertragsstrafe in empfindlicher Höhe vereinbart. Für die Vertragsstrafe ist es unerheblich, ob die Abmahnung berechtigt war oder ob das Verhalten absichtlich oder aus Versehen wiederholt wurde. Eine einmal unterschriebene Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafenregelung lässt sich nicht einfach aus der Welt schaffen. Die Erklärung sollte daher keinesfalls leichtfertig unterschrieben werden.
Neben einer Unterlassung und Beseitigung des rechtswidrigen Verhaltens kann der Abmahnende Schadenersatz geltend machen. Die Höhe eines angemessenen Schadenersatzes ist besonders schwer zu ermitteln. Zunächst fehlt es dem Rechteinhaber dafür häufig an Informationen. Er darf daher – in einem angemessenen Umfang – Auskunft etwa über die Stückzahlen und die mit dem rechtsverletzenden Produkt erzielten Umsätze verlangen. Aber auch mit diesen Angaben ist eine Berechnung des Schadenersatzes schwierig. Hierfür stehen in der Rechtsprechung unterschiedliche Berechnungsgrundlagen zur Verfügung, von denen der Rechteinhaber eine aussuchen kann. Wahlweise kann er seinen entgangenen Gewinn ersetzt verlangen, die Mehreinnahmen des Abgemahnten abschöpfen oder eine fiktive Lizenzgebühr berechnen. Die letztere Variante ist die häufigste Berechnungsmethode. Gleichzeitig ist ihre Höhe am schwierigsten zu überprüfen, da es zur Ermittlung der fiktiven Lizenzgebühr eine umfassende Rechtsprechung gibt.
Schritt 4: Welche Anwaltskosten sind gerechtfertigt?
In nahezu jeder Abmahnung findet sich außerdem der Hinweis, dass der Abgemahnte die Kosten des Schreibens zu tragen hat.
Für diese Kostentragungslast finden sich Rechtsgrundlagen in den unterschiedlichen Rechtsgebieten, je nachdem, auf welches Recht der Abmahnende seinen Anspruch stützt. Dabei darf der Abmahnende die Kosten nicht beliebig hoch ansetzen. Ist ein Rechtsanwalt tätig geworden, muss der Abgemahnte höchstens die Rechtsanwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erstatten. Dies ist in der Regel eine 1,3 Geschäftsgebühr nach RVG. Die Höhe der Geschäftsgebühr ist gestaffelt und richtet sich nach dem Gegenstandswert.
Der Gegenstandswert ist ein in Geld ausgedrücktes Interesse des Rechteinhabers an der Unterlassung. Welcher Gegenstandswert angemessen ist, ist eine Frage des Einzelfalls und kann nur durch einen Vergleich ähnlich gelagerter Fälle ermittelt werden, wobei unterschiedliche Faktoren zu berücksichtigen sind. Verwendet beispielsweise jemand widerrechtlich eine bekannte Marke, erhöht dies den Streitwert. Andersherum sinkt der Streitwert, wenn es sich um eine nur geringfügige Verletzung handelt.
Als grober Richtwert lässt sich sagen, dass die Gegenstandswerte im Markenrecht häufig bei 30.000 bis 50.000 EUR beginnen. Im Urheberrecht ist ein Gegenstandswert von 6.000 bis 10.000 EUR für ein einzelnes Foto üblich. Wettbewerbsrechtliche Verstöße liegen regelmäßig ebenfalls bei einem Gegenstandswert von 10.000 EUR pro begangenen Verstoß.
Legt man diese Gegenstandswerte zugrunde, beginnen die Kosten einer Abmahnung meist bei rund 900 EUR (bei einem Gegenstandswert von 10.000 EUR) und können leicht auf 1.800 EUR und mehr steigen (ab einem Gegenstandswert von 50.000 EUR).
Ein etwaiger Schadenersatz ist davon unabhängig und kann neben den Kosten der Abmahnung geltend gemacht werden.
Wie reagiere ich auf eine Abmahnung? Unterschreiben und zahlen?
Als Abgemahnter hat man mehrere Möglichkeiten, auf eine Abmahnung zu reagieren.
1. Den Kopf in den Sand stecken
Den Kopf in den Sand zu stecken und gar nicht zu reagieren, ist keine kluge Methode. Wenn der Rechteinhaber keine Antwort auf seine Abmahnung erhält, wird er regelmäßig gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um seine Forderungen durchzusetzen. Da im Wirtschaftsleben und insbesondere bei Rechtsverstößen im Internet ein hohes Interesse an einer schnellen Unterlassung besteht, kann der Rechtsinhaber im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, also in einem beschleunigten Klageverfahren, vorgehen. Der einstweilige Rechtsschutz ist deshalb so schnell, weil das Gericht in der Regel nur die Sichtweise des abmahnenden berücksichtigt und den Abgemahnten gar nicht erst zur Sache befragt. Der Abgemahnte wird also weder über das Verfahren informiert, noch wird ihm die Möglichkeit gegeben, sich zu verteidigen oder einem Verhandlungstermin beizuwohnen.
Wer also auf eine Abmahnung nicht reagiert, der riskiert damit, nach drei bis vier Wochen eine einstweilige Verfügung zugestellt zu bekommen, die auch per Gerichtsvollzieher vollstreckt werden kann. Es ist zwar möglich, gegen diese Entscheidung vorzugehen, die Kosten sind aber zwischenzeitlich um eine Gerichtsinstanz gewachsen. Aus 900 EUR können dann schnell über 2.000 EUR werden, die weitere Verteidigung noch nicht mitgerechnet.
2. Unterschreiben, zurückschicken, zahlen
Sofern der Rechtsverstoß eindeutig vorliegt und die Kosten der Abmahnung sich in Grenzen halten, kann die Abmahnung schnell und kostengünstig erledigt werden, indem man eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt und die Kosten der Abmahnung zahlt. Allerdings trifft man mit der Unterlassungserklärung eine Verpflichtung für das ganze Leben, der genaue Inhalt will also wohlüberlegt sein. Die häufig vom Abmahnenden mitgeschickten vorformulierten Unterlassungserklärungen sind naturgemäß so formuliert, dass sie für den Rechtsinhaber möglichst vorteilhaft sind. Häufig ist zum Beispiel die vereinbarte Vertragsstrafe viel zu hoch oder die Verpflichtung ist zu weit gefasst und bezieht auch zukünftige rechtmäßige Handlungen mit ein.
3. Abmahnung prüfen und entsprechend reagieren
Gerade bei höheren Gegenstandswerten lohnt daher die Einschaltung eines Rechtsanwalts. Dieser prüft die Rechtmäßigkeit der Abmahnung und die Höhe der Abmahnkosten und spricht eine Empfehlung aus. Sofern die Abmahnung insgesamt berechtigt ist, wird der Rechtsanwalt empfehlen, eine Unterlassungserklärung abzugeben, um eine Klage mit weiteren Kosten zu verhindern. Allerdingt wird er meistens eine eigene Unterlassungserklärung formulieren, die weniger einschneidend ist.
Sofern die Abmahnung in Teilen, beispielsweise bei der Höhe der Abmahnkosten, unberechtigt ist, wird der Rechtsanwalt mit der Gegenseite Kontakt aufnehmen und eine faire Regelung für seinen Mandanten aushandeln, beispielsweise die Kosten reduzieren, einen Verzicht auf weitere Schadenersatzansprüche verhandeln oder eine Umsetzungsfrist erwirken, damit das rechtswidrige Produkt zurückgerufen oder die angegriffene Werbung abgeschaltet werden kann.
Wann kann oder sollte ich abmahnen (lassen)?
Die Abmahnung ist ein sehr praktisches, günstiges und schnelles rechtliches Instrument. Das zeigt sich nicht zuletzt durch den hohen Anteil von 90 bis 95 % der durch eine Abmahnung erledigten Wettbewerbsverstöße (Einschätzung von Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Auflage 2016, Seite 488). Durch die Abmahnung kann also das teurere und weitaus langwierigere Gerichtsverfahren zumeist vermieden werden.
Auch der Aufwand ist bei einer Abmahnung geringer. Anders als im Gerichtsverfahren muss der Rechtsverstoß nicht minutiös gegenüber einer dritten Instanz bewiesen werden, sondern es reicht aus, dem Abgemahnten den Rechtsverstoß plausibel darzulegen. Eine aufwändige Beweissammlung ist häufig auch gar nicht möglich, da die Abmahnung innerhalb weniger Tage nach Entdeckung eines Rechtsverstoßes verschickt werden sollte.
Ein Hauptargument für die Abmahnung sind die niedrigen Kosten. Bei den üblichen Streitwerten von meist mehreren zehntausend Euro im Wettbewerbs- und Markenrecht beginnen die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten für einen Gerichtsprozess häufig bei rund 3.400,00 EUR, um das Verfahren überhaupt in Gang zu setzen. Diese Kosten muss der Rechteinhaber erst einmal vorstrecken (können). Gewinnt er den Prozess, kann er später eine Erstattung dieser Kosten verlangen, trägt aber das Insolvenzrisiko des Abgemahnten, also das Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben, falls der Abgemahnte mittellos wird (oder schon vorher war).
Im Gegensatz zu einem Gerichtsverfahren schlägt die Abmahnung bei demselben Streitwert mit rund 1.150,00 EUR netto deutlich günstiger zu Buche. Das ist nicht nur ein Vorteil für den Rechteinhaber, der diese Kosten vorstrecken muss, sondern auch für den Abgemahnten, der – von einer berechtigten Abmahnung ausgegangen – die Kosten am Ende tragen muss. Obwohl für die meisten Unternehmen und Freiberufler eine Abmahnung also ein teures Lehrgeld ist, ist sie im Vergleich mit einem verlorenen Prozess die weitaus günstigere Alternative.